Stiftskirche St.Cyriakus Wiesensteig

Die Gründung

Mit dem Jahre 861 beginnt die schriftliche Dokumentation von Kirche und Stadt. Wir lesen in
einem lateinischen Stiftungsbrief, daß ein Gaugraf Rudof von Schwaben ein Benediktinerkloster errichten ließ. Wörtlich heißt es darin: „Im Namen unseres Herrn Jesus Christus sei allen kundgetan, die gegenwärtig sind und den Nachfahren, wie ich Rudolf, auf wiederholte Bitten meines erhabenen Königs und Herrn Ludwig und zum Heil der Seele mein und meiner Verwandten, mit Willen und Zustimmung meines lieben Sohnes Erich und von meiner Hand im Beisein des verehrungswürdigen Bischofs Salomon geschrieben, dem allmächti en Gott und dem Heiligen Cyriakus, dem Märtyrer Christi einen Ort übergebe, gen ich bisher zu eigen hatte im Gau Pleonungethal. Es ist dies der Ort selbst, den man gemeinhin „Wisontesteiga“ nennt, an einem Fluß namens Filisa“ . . . usw.

Die Baugeschichte

Zentralpunkt einer jeden Klostersiedlung ist sein Gotteshaus. Als die Chorherren das Kloster Wiesensteig übernahmen, bestand hier eine Marienkapelle. Diese wurde bald zu klein, und ein größerer romanischer Bau wurde an ihre Stelle gesetzt. Ein Brand vernichtete diese Kirche restlos. Graf Johann von Werdenberg, ein Propst des Stiftes, lies 1466 eine neue Kirche im gotischen Stil erbauen. Mächtige Tuffquader, die in unmittelbarer Nähe Wiesensteigs gebrochen wurden, waren das Baumaterial. Zwei quadratische Türme ragten, Wehrtürmen gleich, gen Himmel: der Südturm von einem spitzen und der Nordturm von einem niederen Dach gedeckt. Reiches Maßwerk ziert die Spitzbogenfenster. lm Kirchenschiff selbst dienten 12 Altäre dem hl. Opfer. Aber wechselvoll war diese Geschichte, die uns aus jener Zeit berichtet wird.

Leider wurde aber dieses Bauwerk, das so viel Geschichte erlebt hatte, im letzten Jahr des 30-jährigen Krieges (1618-1648) durch ein schwedisches Regiment ein Raub der Flammen und wie die Stadt selbst in Schutt und Asche gelegt. Nur die Außenmauern der Kirche haben den Brand überdauert. Deshalb findet man heute noch die Jahreszahl der Erbauung am Südturm der Kirche (1466).

Die neue Stiftskirche St. Cyriakus

Es dauerte mehr als 70 Jahre, bis die im Laufe eines langen Krieges arm gewordenen Stiftsherren und die Bürger von Wiesensteig wieder an die Renovierung ihres Gotteshauses denken konnten. Wohl waren inzwischen der Dachstuhl und die Türme hergerichtet und mit den bis heute erhaltenen Haubendächern gedeckt worden, aber erst 1719 wurde mit dem Ausbau des Chores und des Hochaltares begonnen und nach einer Pause von 60 jahren konnte das Kirchenschiff vollendet werden. Tief und innig war der Glaube derer, die durch fremde Schuld arm geworden und doch ein Werk vollendeten, das Wir heute in unserer Stiftskirche bewundern. Überrascht ist jeder Besucher, wenn er durch das mächtige Portal ins Gotteshaus eintritt. Während das Äußere von der Strenge und der Wucht der Mauern beherrscht ist, erfreut das Innere der Kirche durch seine Größe, seinen Farben- und Formenreichtum. Der Blick wird gefangen von Christus am Kreuz, der über dem Opferaltar hängt. Dieser Kruzifixus trennt und verbindet gleichzeitig zwei Stil- und Denkepochen: den barocken Chorraum und das klassizistische Kirchenschiff. Die Christusgestalt wurde von dem Bayerischen Hofbildhauer Johann Baptist Straub geschaffen. Es ist sein letztes gesichertes Werk, und es strahlt bereits die Strenge des Klassizismus aus im Gegensatz zu seinen übrigen Werken, die in reicher Zahl in dieser Kirche ihren Platz gefunden haben. Der Künstler wurde 1704 in Wiesensteig geboren und gehört zu den großen Meistern süddeutscher Barockkunst.

Der Chor

Den Hintergrund dieses einmaligen Werkes bildet der lichtdurchflutete Chorraum, der von einer reichgestalteten Barockdecke gekrönt Wird. Das Bild „Maria Immaculata“, vom Ellwanger Künstler Melchior Paulus gemalt, unterstreicht die barocke Gelöstheit des Raumes.

Zentralpunkt ist der Hochaltar. Über den sechs mächtigen Säulen thront eine Darstellung der Heiligsten Dreifaltigkeit, und darunter befindet sich das Wappen von Probst Johann von Werdenberg, der 1466 die gotische Stiftskirche erbauen ließ. Neben seinem Wappen ist das Wappenbild des hl. Cyriak ersichtlich. Das Altarbild wurde 1945 an Stelle eines durch Fliegerbomben zerstörten Bildes, das „Mariä Verkündigung“ darstellte, eingefügt. Unter der Mensa des Hochaltares ruhen die Gebeine der hl. Sabina, die aus einer der röm. Katakomben stammen. 1648 wurden dieselben nach Salzburg übergeben und dort von dem Wiesensteiger Bürger Christoph Schnur, der am fürstbischöflichen Hofe tätig war, in unwürdigem Zustand entdeckt. 1718 erbat dieser die Reliquien der hl. Sabina für das Wiesensteiger Franziskanerinnenklösterlein neben der Stiftskirche. Neu gefaßt und würdig gebettet liegen sie hier seit 1812.
Zwischen den hohen und lichten Fenstern des Chorraumes stehen die steinernen Zeugen altehristlicher Tradition: links die vier Evangelisten Matthäus, Markus‚ Lukas und Johannes, rechts, die vier großen abendländischen Kirchenlehrer Hieronymus, Augustinus, Ambrosius ung Papst Gregor I., die alle ebenfalls wie das Deckengemälde von Melchior Paulus stammen.
Das Chorgestühl ist einfach gehalten, da die Chorherren nach dem Brand im Jahre 1648 mögiichst bald wieder einen Platz finden wollten, wo sie ihr Chorgebct verrichten konnten. Obwohl der Chor erst 1719 fertig renoviert woren ist, hat das Gestühl bereits schon 1670 seine Vollendung gefunden.
Die Mitte des Chores, fast wohltuend für die Weite des Raumes, beherrscht das aus einem Stein gehauene Taufbecken. Die Holzarbeiten daran wurden 1691 von Schreinermeister Christoph Eiselin von Schwäbisch Gmünd ausgeführt.

Das Kirchenschiff

Die Orgel

Über das Orgelwerk von C.G.Weigle von 1850 ist nur eine Zeichnung als Entwurf bekannt und wir wissen, daß es zwei Manuale mit 22 Registern waren und den stolzen Preis von 4.327 Gulden hatte.
1935/36 wurde das Orgelwerk auf 27 Register erweitert. Der Orgelbauer Bernhard Schilling zeichnet während seiner durchgeführten Arbeit auf, was noch an alter Substanz von 1850 oder sogar früher vorhanden ist. Nimmt man die Schrauben und Sonstiges als Beweis, so ist sicher, das noch vieles aus der Zeit von 1850 vorzufinden ist.
Gesamtorgel laut Inschrift im Gehäuse von 1848. Umbau auf elektro-pneumatische Traktur 1935 von Fa. Weigle.
Von Juli 1992 bis zum Weihegottesdienst am 02. Oktober 1993 wurde die Orgel letztmal von der Fa. Mühleisen restauriert.

 

Ölberg

Außen, an der Südseite unserer Stiftskirche St. Cyriakus, befindet sich eine von nur drei Ölbergdarstellungen im Kreis Göppingen.
Diese Ölbergdarstellung geht auf eine Stiftung aus dem Jahr 1703 zurück.
Durch Spenden der Bevölkerung konnte mit dem Bau im Jahr 1707 begonnen werden.

Renovierungen wurden in den Jahren 1907, 1930,1958, 1978 und 2001 durchgeführt.

Friedhofskapelle St. Leonhard

Bereits zur Zeit der Chorherren hatte Wiesensteig einen Friedhof mit Kapelle außerhalb seiner Stadtmauer. Die Chorherren fanden Ihre letzte Ruhestätte in der Krypta der Stiftskirche, die Platz für 16 Särge bot. Leider ist die Krypta nicht mehr begehbar, da der Chor der Kirche am Ende des zweiten Weltkrieges durch Bombeneinwirkung beschädigt wurde und unterfangen werden mußte.

Die Friedhofskapelle, die dem hl. Leonhard als dem Patron der Unterdrückten und Gefangenen geweiht ist, wurde etwa in der Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut. Ein genaues Jahr ist nicht bekannt. Es steht aber fest, daß sie als gotische Kapelle errichtet und später mit Barockelementen verändert wurde. Seit Juni 1969 erstrahlt die Leonhardskapelle wieder in neuem Glanz. Der hiesige Architekt Paul Anschütz und der Kirchheimer Maler und Restaurator Lothar Bohring scheuten keine Mühe, die in sehr schlechten Zustand geratene Kapelle und ihr Inneres wieder zu einem würdigen sakralen Raum zu gestalten.

Kreuzkapelle

Auf der Albhochfläche, nördlich über Wiesensteig sichtbar, steht die Kreuzkapelle.

Wie eine Tafel an der aufgestellten Kreuzigungsgruppe berichtet, stiftete im Jahre 1626 eine Gräfin von Helfenstein ein Kreuz und Kruzifix auf den Sommerberg. Bei dieser Gräfin handelt es sich um Eleonore von Helfenstein-Fürstenberg, die Gemahlin des letzten Grafen Rudolf VI. aus dem Geschlecht der Helfensteiner.
Im Jahre 1700 wurde neben dem Kreuz ein Bildnis der schmerzhaften Muttergottes aufgestellt. Zur Unterhaltung dieser neuen Figur stiftete der Kanoniker, d.h. Chorherr des Stifts Wiesensteig, Magister Georg Jacob, 15 Gulden. Bis 1825 waren das Kruzifix und die Mater dolorosa an ihrem Standort in 740 m Höhe schutzlos der Witterung ausgesetzt. Auf einer Ansicht der Stadt Wiesensteig um 1720 ragt das Kreuz an seiner beherrschenden Stelle auf dem Sommerberg deutlich empor. 1825 wurden von Ingnaz Mayr und Clemens Messerschmid Beiträge gesammelt und davon eine schlichte Kapelle mit einem kleinen Glockenturm als Dachreiter zum Schutz der Figuren erbaut. 
Wie aus einer Beschreibung von 1842 hervorgeht, diente die Kapelle damals als Wallfahrtsstätte. In dieser Zeit wurde auch ein Fußweg der von Kreuzwegstationengesämt wird angelegt, dieser wurde ebenfalls im Jahr 1974 instand gesetzt und hat neue farbige Reliefarbeiten der Künstlerin Frau Deininger-Eggert aus Ulm erhalten.

Renovierung 1974
Renovierung 2003